Die Geschichte der venezianischen Geigenbauschule

Zur „Schule von Venedig“ zählten große und unbestrittene Meister, die selbst mit den berühmten Werkstätten Cremonas, unter Leitung der Familien Amati, Guarneri und Stradivari, konkurrieren konnten. Die Protagonisten dieser reichen venezianischen Epoche waren Domenico Montagnana, Matteo Goffriller, Santo Serafino, Francesco Gobetti und Pietro Guarneri aus Venedig.

„Venedig ist der Ort, an dem die Geigen segeln“
Ramón Gómez de la Serna

Das 18. Jahrhundert gilt als das goldene Zeitalter des Geigenbaus, und Venedig war ein wahrer Nährboden für den Bau von Musikinstrumenten. Entscheidend war der Beitrag der deutschen Geigenbaukunst, die den Stil und die Konstruktionsideen beeinflusste, sich aber gleichzeitig mit dem typisch venezianischen Geschmack vermischte.

Bereits seit langem war die starke Präsenz von Kaufleuten und Handwerkern deutscher Herkunft so groß, dass sie die Handwerksbetriebe der Stadt bedeutend prägte. Ein Beweis hierfür ist, dass das 15. Jahrhundert als die goldene Zeit des deutschen Handels bezeichnet wurde, deren Krönung der Fondaco dei Tedeschi, das Lagerhaus der Deutschen, ist. Ein wahrhaft majestätisches Gebäude.

Die Zahl und Präsenz der Geigenbauer stieg stetig; die Serenissima zog weiterhin Handwerksmeister aus anderen Regionen an, wie z.B. die berühmten Füssener Geigenbauer. Musikinstrumente galten als Luxusgüter und stellten einen wichtigen Exportfaktor dar. Aber nicht nur. Auch in der Stadt selbst stieg der Verkauf unglaublich stark an, weil jede Patrizierfamilie ein Cembalo oder eine Laute besitzen musste, auch wenn man sie nicht zu spielen wusste.

Das venezianische Musikhandwerk war überall berühmt. Venedig mit seiner „Schule“ war der Ort großer Geigenbauer, die Saiteninstrumente herstellten, die bei Profis und Liebhabern in ganz Europa begehrt waren. Besondere Merkmale: Harmonie des Klanges und Schönheit der Formen, Verzierungen mit Intarsienarbeiten aus Holz und Perlmutt. Wahre Kunstwerke, eben diese Instrumente von höchstem historischem Wert bereichern heute die Sammlungen der Museen auf der ganzen Welt.

Der berühmte Pablo Casals verzauberte das Publikum mit einem Goffriller-Cello aus dem Jahr 1733. Casals spielte zu Lebzeiten fast ausschließlich auf diesem Cello, bis zu seinem Tod im Jahre 1973. Er bezeichnete das Cello als seinen „ältesten Freund“: „Es ist eines der schönsten Instrumente von Matteo Groffriller … Ich habe noch nie ein Cello gefunden, das besser in meinen Händen lag.“

Mischa Maisky, einer der größten Cellisten der Welt, spielte ein großartiges Montagnana, das in Venedig genau in den Jahren gebaut wurde, in denen Bach seine Suiten schrieb.


Die Beziehung von Venedig zur Musik

Venedig, die ewige Stadt, die nicht nur durch ihr einzigartiges Flair, sondern auch mit Musik verzaubert. Venedig ist seit jeher mit Musik verbunden.

Im 15. und 16. Jahrhundert durchlief sie das, was man gerne als das Goldene Zeitalter bezeichnet: Die Serenissima war eine blühende Stadt mit zahlreichen Handwerksbetrieben und Kunststätten, die ihren Schutz und besondere Privilegien genossen. Der erreichte Wohlstand begünstigte einen hohen Lebensstandard: Es fanden zahlreiche Feste und musikalische Darbietungen statt. Die Musiker und Literaten, die aus verschiedenen Orten in die Markusstadt kamen, waren sehr geschätzt. 1501 wurde Venedig zur Hauptstadt der Musikverlage: Das erste Musikbuch überhaupt wurde in der Serenissima von Ottaviano Petrucci gedruckt.

„Venice can only be compared to itself.“
Johann Wolfgang von Goethe

Ende des 17. Jahrhunderts war Venedig dank der enormen Ressourcen, die von den Adelsfamilien zur Verfügung gestellt wurden, die Stadt mit den meisten Theatern: Die Szenografien und die erstaunlichen venezianischen Theatermaschinen waren Ausdruck von Stil und Geschmack, die überall nachgeahmt wurden. Die benötigten Bühnenbilder, die Kostüme, aber auch die Musikinstrumente für die Inszenierung der Werke stammten aus den vielen neu gegründeten Handwerksbetrieben und Werkstätten.

„Venedig! Gibt es einen Namen in den menschlichen Sprachen,
der die Menschen mehr träumen lässt?“

Guy de Maupassant

Ein französischer Reisender beschrieb Venedig im Jahr 1700 wie folgt: „In jedem Haus wurde gesungen und ein Instrument gespielt, überall wurde Musik gemacht oder man lief, um sie zu hören.“

Diverse Gemälde zeugen von dieser Atmosphäre, eines für alle das Werk „Das Kleine Konzert“ (1741) des berühmten Malers Pietro Longhi. Das Echo der Kulturrevolution erreichte das Herz Europas und Venedig wurde zu einem unverzichtbaren Ziel der „Grand Tour“ von Intellektuellen und Künstlern, wie Mozart und Händel.

Die bevorzugten Orte, an denen Musik gehört wurde, waren die sogenannten Casinos.
Das eleganteste der Stadt war das Casino Zane, heute Palazzetto Bru Zane, Centre de musique romantique française. Das Casino Zane befindet sich im Stadtteil San Polo, in der Nähe der Frari-Basilika. Es wurde zwischen 1695 und 1697 erbaut und diente ein Jahrhundert lang als Ort für die geselligen Zusammenkünfte des Zane-Palastes, der sich nur einige Schritte weiter befindet.

Das Zentrum wurde 2009 mit Mitteln der Bru-Stiftung wiedereröffnet. Es fördert die Wiederentdeckung und internationale Verbreitung des französischen musikalischen Erbes des „langen“ 19. Jahrhunderts (1780- 1920). Schwerpunkte sind sowohl Kammermusik, als auch das sinfonische, sakrale und lyrische Repertoire, jedoch ohne die „leichten“ Gattungen zu vernachlässigen, die den französischen Geist des 19. Jahrhunderts kennzeichnen.

„I have never in my life been so struck by any
place as by Venice. It is the wonder of the world.“

Charles Dickens

Die Musik führt zur Entdeckung weniger bekannter Paläste und Orte, wie dem Teatrino des Palazzo Grassi, dem Palazzo Zorzi, dem Ateneo Veneto sowie dem Palazzo Marin, in dem die Konzerte unter Organisation des Venetian Centre for Baroque Music stattfinden.

Auch die Kirchen sind Tempel der Musik. Ein grandioses Beispiel ist die San-Maurizio-Kirche, nur wenige Schritte vom Campo Santo Stefano entfernt. Sie ist eine der ältesten Kirchen Venedigs. In ihr ist heute das Musikmuseum untergebracht, das der außergewöhnlichen Geschichte des venezianischen Baus von Streichinstrumenten gewidmet ist: In ihrer ganzen Schönheit können einmalige Geigen, Bratschen, Celli und Mandolinen bewundert werden, die von der großen Tradition der Geigenbauschule der Serenissima zeugen. Geschickte Hände stellten Instrumente her, die in ganz Europa äußerst geschätzt und begehrt waren.